
Das Vergaberecht umfasst alle Regeln und Vorschriften, die die öffentliche Hand beim Einkauf von Gütern und Leistungen beachten muss. Unterschieden wird zwischen dem nationalen Vergaberecht (Haushaltsrecht) und dem europäischen Vergaberecht (EU-Wettbewerbsrecht).
Vergaberecht in der EU
Europäische Richtlinien wenden sich nur an die Mitgliedsstaaten. Sie entfalten zunächst keine Rechte und Pflichten für Unternehmen und öffentliche Auftraggeber und gelten erst nach Umsetzung in nationales Recht. Verordnungen der EU dagegen gelten direkt in den Mitgliedsstaaten. Dies betrifft zum Beispiel die Höhe der EU-Schwellenwerte, die Verwendung der Standardformulare für Bekanntmachungen oder den CPV-Code.
Richtlinien
vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe
vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste
vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße
Mitteilung der Kommission (2006/C 179/02)
vom 01. August 2006 zu Auslegungsfragen in Bezug auf das Gemeinschaftsrecht, das für die Vergabe öffentlicher Aufträge gilt, die nicht oder nur teilweise unter die Vergaberichtlinien fallen
In Abhängigkeit vom Wert eines Auftrags - ohne Umsatzsteuer - gelten unterschiedliche vergaberechtliche Bestimmungen. Das EU-Vergaberecht gilt, sofern der Gesamtwert eines Auftrags oberhalb des so genannten EU-Schwellenwertes liegt. Die Höhe des Schwellenwertes hängt von der Art der zu beschaffenden Leistung sowie von der Art des Auftraggebers ab.
Schwellenwerte
Die Änderung der Schwellenwerte erfolgt auf Grundlage des Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (Government Procurement Agreement – GPA).
In einem Rhythmus vom 24 Monaten werden die EU-Schwellenwerte überprüft und angepasst. Die turnusmäßigen Anpassung sind notwendig, da die Festlegungen im GPA auf einer künstlich geschaffenen Währungseinheit beruhen, sogenannten Sonderziehungsrechten.
Da für diese kein fester Wechselkurs im Verhältnis zum Euro festgeschrieben wurde, sind die Werte der Sonderziehungsrechte entsprechend der Wechselkursschwankungen von der EU-Kommission im Zweijahresrhythmus neu zu berechnen.
EU-Schwellenwerte ab 01.01.2024 (Klassische Vergaben)
Bauleistungen 5.538.000 € bisher 5.382.000 €
Liefer- und Dienstleistungsaufträge
(obere und oberste Bundesbehörden) 143.000 € bisher 140.000 €
Liefer- und Dienstleistungen
(alle übrigen öffentlichen Auftraggeber) 221.000 € bisher 215.000 €
EU-Schwellenwerte ab 01.01.2024
(Sektorenrichtlinie und Richtlinie Verteidigung und Sicherheit)
Bauleistungen 5.538.000 € bisher 5.382.000 €
Liefer- und Dienstleistungsaufträge
(obere und oberste Bundesbehörden) 443.000 € bisher 431.000 €
EU-Schwellenwerte ab 01.01.2024 (Konzessionen)
Konzessionen 5.538.000 € bisher 5.382.000 €
Der Schwellenwert für die Vergabe von sozialen und anderen besonderen Dienstleistungen wird nicht angepasst und beträgt weiterhin 750.000 €.
Gleiches gilt für den Schwellenwert für die Vergabe von sozialen und anderen besonderen Dienstleistungen für Sektorenauftraggeber, dieser beträgt weiterhin 1.000.000 €.
Umsetzung in nationales Recht
Vergaben oberhalb der EU-Schwellenwerte
Das deutsche Vergaberecht oberhalb der EU-Schwellenwerte basiert auf der Umsetzung der EU-Vergaberichtlinien.
Mit dem Erreichen beziehungsweise Überschreiten der EU-Schwellenwerte muss europaweit ausgeschrieben werden.
Nur im Oberschwellenbereich kann ein unterlegener Bieter oder Bewerber die Verletzung von Verfahrensvorschriften
im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens vor den Vergabekammern geltend machen.
Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) regelt in seinem 4. Teil die Vergabe öffentlicher Aufträge ab Erreichen der EU-Schwellenwerte.
Die Vergabeverordnung (VgV) konkretisiert die Bestimmungen zur Vergabe öffentlicher Aufträge oberhalb der EU-Schwellenwerte. Für den Baubereich gilt bei Vergaben oberhalb der EU-Schwellenwerte neben der VgV die
Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A), Abschnitt 2. Die Vergabe von Liefer-, Dienstleistungen
und freiberuflichen Leistungen ab Erreichen der EU-Schwellenwerte ist über das GWB und die VgV geregelt.
In der Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) finden sich Vorschriften zur Vergabe von Bau- und Dienstleistungskonzessionen.
Die Sektorenverordnung (SektVO) regelt die Vergabe von Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung durch die sogenannten Sektorenauftraggeber.
Zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2009/81/EG wurde die Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit (VSVgV) erlassen, die den Besonderheiten der Beschaffung von verteidigungs- und sicherheitsrelevanten Leistungen Rechnung trägt.
Die Rechtsgrundlagen zum deutschen Vergaberecht oberhalb der EU-Schwellenwerte sind hier zu finden:
Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte
Das Vergaberecht unterhalb der Schwellenwerte
Bei Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte gilt nationales Vergaberecht. Dann sind die haushaltsrechtlichen Vorschriften des Bundes, des jeweiligen Bundeslandes oder der Kommunen anzuwenden. Bauleistungen werden nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A), Abschnitt 1 vergeben. Die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen ist in der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) geregelt.
Die Rechtsgrundlagen zum deutschen Vergaberecht unterhalb der EU-Schwellenwerte sind hier zu finden: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Wirtschaft/vergabe-uebersicht-und-rechtsgrundlagen.html
Je nach Bundesland können weitere landesspezifische Regelungen zu beachten sein, die sich etwa aus Landesvergabe-, Mittelstandsförderungs- oder Tariftreuegesetzen ergeben. Für Auskünfte hierzu stehen die Auftragsberatungsstellen im jeweiligen Bundesland zur Verfügung.
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